In meiner ersten parlamentarischen Initiative, welche ich heute zusammen mit Vertretern der SP und EVP eingereicht habe ich verlangt, dass das Aufnahmeverfahren für die Mittelschulen so überarbeitet werden sollen, dass die Chancengerechtigkeit beim Eintritt in die Mittelschule zumindest im Ansatz wieder hergestellt wird. Die Medienmitteilung dazu findet man auf der Homepage der Grünen. Hier die ganze Initiative im Wortlaut:

Das Mittelschulgesetz vom 13. Juni 1999 wird wie folgt geändert:

§ 14. Aufnahme

Der Regierungsrat legt die Bedingungen für die Aufnahme in die Mittelschulen fest. Aufnahmeprüfungen finden nicht statt. Die definitive Aufnahme ist vom Bestehen einer Probezeit abhängig.

Begründung:

Die Aufnahme in die Mittelschule wird heute durch eine Aufnahmeprüfung geregelt. Die Prüfung findet an wenigen Tagen in der 6. Klasse oder in der 2. oder 3. Sekundarschule statt. Ein beträchtlicher Teil der Anwärter/innen besucht heute private Prüfungsvorbereitungskurse, die Lerntechniken und spezifisches Prüfungswissen vermitteln. Schüler/innen, die mit dem Aufbau der Prüfung vertraut sind, haben einen deutlichen „Wettbewerbsvorteil“.

Dieser Selektionsmechanismus führt zu einer Verzerrung der Zugangschancen. Unlängst zeigte sich jedoch, dass im bestehenden Modus mit Aufnahmeprüfungen für alle die politische Bereitschaft nicht vorhanden ist, Chancengerechtigkeit und volkswirtschaftliche Effizienz mit kostenlosen Vorbereitungskursen zu stärken, von denen alle Schüler/innen mit entsprechender Eignung hätten profitieren können. Auf die entsprechende Vorlage 4910 trat der Kantonsrat gar nicht erst ein.

Dafür gab es durchaus einleuchtende Gründe, etwa dass die Vorbereitung auf weiter führende Bildungsstufen zum Grundauftrag der Volksschule gehört und Zusatzkurse darum nicht erwünscht, weil systemfremd sind. Nicht zu Unrecht war auch von Symptombekämpfung die Rede. Weitgehend einig war man sich im Rat allerdings darüber, dass die Chancengerechtigkeit beim Zugang zur Mittelschule nicht gegeben ist. Mit dieser parlamentarischen Initiative soll das Problem stärker an der Wurzel angegangen werden.

Zur heutigen Prüfungspraxis, die auf Kurzzeitleistung ausgerichtet ist und auf die in den genannten Vorbereitungskursen gezielt, aber wenig nachhaltig „trainiert“ werden kann, gibt es valable Alternativen: Erfolgt die Aufnahme aufgrund einer längeren Bewährungszeit, zum Beispiel durch eine Probezeit, durch die Vornoten aus der Primar- bzw. Sekundarschule oder aufgrund einer Empfehlung der abgebenden Lehrperson, steht die langfristige schulische Leistung für den Zugang zur Mittelschule im Vordergrund. Allen diesen Alternativen ist gemeinsam, dass die Zugangsvoraussetzungen zu weniger verzerrenden Selektionsergebnissen führen dürften. Das stärkt die Chancengerechtigkeit und es ermöglicht die bessere Ausschöpfung der Begabungsreserven, auf die der Kanton Zürich wirtschaftlich wie gesellschaftlich angewiesen ist.

Auch andere Kantone verzichten mit Erfolg auf eine Aufnahmeprüfung für alle Mittelschulinteressierten. So wurde etwa im Kanton Solothurn die obligatorische Aufnahmeprüfung nach nur einem Jahr wieder abgeschafft, eine Aufnahmeprüfung für das Langzeitgymnasium muss nur absolvieren, wer eine bestimmten Notenschnitt nicht erreicht. Vornoten, eine Empfehlung der abgebenden Lehrperson oder ein allgemeiner kognitiver Fähigkeitstest, am sinnvollsten in Kombination, würden eine verlässliche Grundlage für die Selektion bieten.

Die Abschaffung einer Aufnahmeprüfung für alle verhindert die privaten Vorbereitungsbemühungen nicht, leitet sie aber in neue, produktivere Bahnen. Die Vorbereitungen zielen nicht mehr auf eine einmalige „Höchstleistung“ ab, sondern auf eine längerfristig hohe Schulleistung, was den Schüler/innen sogar dann etwas bringt, wenn die Kantonsschule nicht erfolgreich abgeschlossen wird.